Führt häufiger Pornokonsum zu sexueller Gewalt?

Jugendliche kommen heute zwischen dem zehnten und 15. Lebensjahr erstmals mit Pornos in Berührung. Noch nie geschah das so früh, noch nie war der Zugang zu Inhalten dieser Art so einfach. Eine Studie aus Schweden hat kürzlich herausgefunden, dass exzessiver Pornokonsum zu mehr sexueller Gewalt führen kann. City4U hat mit einer Wiener Sexualtherapeutin und einem Psychologen darüber gesprochen und nachgefragt, ob es wirklich einen kausalen Zusammenhang dabei gibt..
führt häufiger pornokonsum zu sexueller gewalt
Laut „Voll Porno III“ zeigen zahlreiche Studien, dass der übersteigerte Konsum von Pornografie sowohl gewalttätiger als auch nicht-gewalttätiger, dazu führt, dass sexuelle Gewalt eher toleriert und unterstützt wird. Eine aktuelle schwedische Untersuchung fand heraus, dass 10,5 Prozent der 18-jährigen Männer, täglich Pornos schauten. Ein Viertel von ihnen beging schon sexuelle Übergriffe. Da einen kausalen Zusammenhang zu sehen, ist für die Wiener Sexualtherapeutin Bettina Brückelmayer aber zu einseitig: „Natürlich können durch übermäßigen Pornokonsum Paraphilien entstehen, die Männer infolge zu sexuellen Übergriffen verleiten können. Insgesamt ist es jedoch kein monokausales Phänomen, sondern man muss auch die Sozialisation und die psychosexuelle Entwicklung jener Personen betrachten.“

„Die Pornografie stellt uns ein Männer- und Frauenbild dar, das nicht der Realität entspricht. Zum einen das Körperbild. Unrealistische, durch plastische Chirurgie verschönerte Genitalien, Männer und Frauen die immer geil sind und Frauen die immer willig und unterwürfig sind. Außerdem werden Sexpraktiken, die eigentlich abstoßend und ekelerregend sind, durch die Pornowelt als der Norm entsprechend dargestellt“

Auch Johannes Lanzinger, Wiener Psychologe, sieht die Studie problematisch: „Studien dazu sind fast ausschließlich korrelativ. Das heißt, es ist nicht klar, ob mehr Pornokonsum zu mehr sexueller Gewalt führt oder ob Individuen, die zu sexueller Gewalt neigen, einfach mehr pornografisches Material konsumieren. Klar ist aber, dass ein Großteil der Bevölkerung Pornos schaut und nur ein geringer Teil sexuelle Gewalt anwendet.“

Dass übermäßiger Konsum von Sexfilmen jedoch zahlreiche negative Auswirkungen haben kann, ist unbestritten. „Die Pornografie stellt uns ein Männer- und Frauenbild dar, das nicht der Realität entspricht. Zum einen das Körperbild. Unrealistische, durch plastische Chirurgie verschönerte Genitalien, Männer und Frauen die immer geil sind und Frauen die immer willig und unterwürfig sind. Außerdem werden Sexpraktiken, die eigentlich abstoßend und ekelerregend sind, durch die Pornowelt als der Norm entsprechend dargestellt“, beschreibt Sexualtherapeutin Brückelmayer.

Durch die unrealistische Darstellung des Geschlechtsakts, werden viele regelmäßige Pornokonsumenten mit ihrem eigenen Sexleben unglücklich. „Es gibt Zusammenhänge zwischen Pornos und sexueller Unzufriedenheit, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper oder dem des Partners, mehr sexuellem Leistungsdruck und vielem mehr“, weiß Lanzinger. Generell falle aber auch auf, dass es viel mehr Studien gebe, die sich mit den negativen Effekten von Pornokonsum beschäftigen, als mit den positiven. „Das zeigt, dass dieses Thema auch im wissenschaftlichen Kontext moralisch eher negativ bewertet wird.“ Positive Effekte gibt es aber auch: „So können Pornos zur sexuellen Exploration dienen und erlauben Jugendlichen herauszufinden, was ihnen gefällt und was nicht“, erläutert der Wiener Psychologe.

Pornografie verfälscht jedoch den Blick auf das, was eine gute und gesunde Sexualität ausmacht: Nähe, Vertrauen, Liebenswürdigkeiten, Zärtlichkeiten und Gemeinsamkeiten. „Viele, die in meine Praxis kommen, müssen erst einmal lernen, zueinander zärtlich zu sein und sich nur zu streicheln, was vorerst einmal unter Ausschluss der erogenen Zonen stattfindet, um deren Empfindsamkeiten erst einmal zu erlangen und kennenzulernen“, erklärt Brückelmayer.

Wie viel Pornokonsum zu viel und schädlich ist, muss immer von Fall zu Fall entschieden werden, meint Lanzinger: „Der entscheidende Faktor ist, ob das Verhalten Leiden verursacht.“ Für die Sexualtherapeutin ist jeder Porno einer zu viel. „Am besten wäre es, gar keine Pornos zu schauen. Das ist jedoch schwierig, da sie überall präsent sind. Ich sehe aber zwischen übermäßigem Pornokonsum und sexueller Gewalt sehr wohl einen Zusammenhang. Denn daraus entstehen gewisse Vorlieben, aus denen sich ein abweichendes Sexualverhalten entwickeln kann. Auch wenn Menschen mit devianten Sexualverhalten nicht immer zu Übergriffigkeiten neigen, sind sie doch potentielle Täter.“ Es gibt aber auch noch eine weitere Gefahr: „Der exzessive Konsum wird auf Dauer nicht mit einer partnerorientierten Sexualität konkurrieren können. Das kann schließlich in die totale Isolation und Einsamkeit führen.“

Psychotherapie Brückelmayer

Psychotherapie – Sexualtherapie – Paartherapie